Hamburg, Juli 2024 – Merih Demiral, Spieler der türkischen Nationalmannschaft, feierte sein Tor gegen Österreich beim Achtelfinale der EM mit dem Handzeichen der Grauen Wölfe.
Yunus Yalçın, Berater im Schwerpunkt „perspek´tif:a“ der Ausstiegsberatung Kurswechsel (Träger CJD e.V.) in Hamburg, dazu: „Der Wolfsgruß bezieht sich auf die Ülkücü-Bewegung (Graue Wölfe), die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird und als extrem rechts einzustufen ist. Die Grauen Wölfe propagieren ein rassistisches, antisemitisches sowie antidemokratisches Weltbild und sind in der Türkei für zahlreiche Morde verantwortlich sowie maßgeblich an unterschiedlichen Pogromen beteiligt gewesen. Am Tag des EM-Spiels der Türkei gegen Österreich jährte sich das Pogrom von Sivas (Türkei) von 1993, bei dem unter maßgeblicher Beteiligung der Grauen Wölfe 35 Menschen, größtenteils Alevit*innen, getötet wurden.“
In Deutschland bestehen gefestigte Strukturen seit den 1970er Jahren, wobei die Gruppierung in der Öffentlichkeit häufig in Form von Veranstaltungen im Deckmantel „Kultur und Völkerverständigung“ auftritt, wie zuletzt bei einem „Liederabend“ im vergangenen Januar in Hamburg-Wilhelmsburg. Durch die extrem rechte Einstellung der Grauen Wölfe sind Menschen, welche dem Feindbild der Gruppierung entsprechen (u.a. kurdische, alevitische, armenische und weitere Menschen), auch in Deutschland alltäglichen Bedrohungen sowie Gewalt ausgesetzt. Betroffenengruppen kämpfen auf diesem Feld seit Jahren um Wahrnehmung für dieses Bedrohungsszenario und fordern auch auf politischer Ebene Konsequenzen.
„Perspek´tif:a“ unterstützt als zivilgesellschaftliches Ausstiegs- und Distanzierungsangebot seit drei Jahren Menschen, die aus extrem rechten Verbindungen in postmigrantischen Communitys wie den Grauen Wölfen „aussteigen“ wollen. Um diesen Ideologien darüber hinaus langfristig pädagogisch entgegenzuwirken, bietet perspek’tif:a auch Informationen und Beratung zum Themenfeld für Bezugspersonen sowie Bildungsformate für pädagogische Fachkräfte an.
Der Berater weist auch auf die gesellschaftspolitische Verantwortung hin: „Eine zentrale Herausforderung für die Arbeit in diesem Bereich ist, die Bedrohungslage durch Gruppen wie die Grauen Wölfe für (potenziell) Betroffene und die Gesellschaft allgemein ernst zu nehmen, nicht zu verharmlosen und dennoch dabei nicht von der größeren Gefahr der mehrheitsdeutschen extremen Rechten abzulenken. Daher stellt sich perspek’tif:a als rassismuskritisches Angebot auf und setzt die gesellschaftliche Relevanz ins Verhältnis zur mehrheitsdeutschen extremen Rechten.“
Für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Thematik, unter anderem zu Kennzeichen der türkischen extremen Rechten in Deutschland und Ursachen der „Attraktivität“ für manche Menschen mit türkischer Migrationsgeschichte, publizierte „perspek´tif:a“ eine Broschüre unter dem Titel: „(Extrem) Rechte Identitäten mit Türkeibezug“.